Akustischer Unterhalt
Mit einer gut abgestimmten Belagsrezeptur und geeigneten Unterhaltsmassnahmen kann die Lebensdauer von SDA-Belägen verlängert werden. Mögliche Unterhaltsmassnahmen für die Verlängerung der Lebensdauer sind das Reinigen sowie Grinding (Abfräsen oder Schleifen) der obersten Belagsschicht. Der optimale Zeitpunkt für eine Unterhaltsmassnahme kann durch regelmässige Monitoring Messungen bestimmt werden.
| Massnahme | Erwartete Wirkung* | Erwartete Verlängerung der akustischen Lebensdauer | Einflussfaktoren |
| Reinigung | -1 bis -2.5 dB(A) | bis zu 3 Jahre | Reinigungszyklus, Tiefe eingedrungener Schmutz, Art von Schmutz |
| Grinding | -2 bis -4 dB(A) | 2 bis 4 Jahre | Tiefe von eingedrungenem Schmutz |
*Erwartete Wirkung unter Anwendung der Massnahmen gemäss dem aktuellen Wissensstand.
Reinigung
Bei der präventiven Reinigung von Belägen wird das Ziel verfolgt, die Poren des lärmarmen Belags möglichst frei von Verschmutzung zu halten, um deren Verstopfung, die einen Hauptalterungsfaktor von lärmarmen Belägen darstellt, zu verhindern. Regelmässige Reinigungsmassnahmen können dadurch die akustischen Eigenschaften lärmarmer Beläge positiv beeinflussen und deren Lebensdauer verlängern.
Verschiedene Versuche zur Reinigung von lärmarmen Belägen haben gezeigt, dass die Reinigungsverfahren vor allem in der obersten Schicht des SDA-Belags wirksam sind und nicht tief festgesetzten Schmutz effektiv entfernen können. Verbesserungen der akustischen Wirksamkeit sind nur bei oberflächlich grob verschmutzten Belägen zu erkennen. In diesen Fällen ist eine Verbesserung von bis zu 2.5 dB(A) möglich. Ist der Belag bereits in den tieferliegenden Schichten verschmutz, liegt die Verbesserung der akustischen Belagsgüte bei weniger als 1 dB(A). 1 Die Wirksamkeit der Reinigung ist daher in den ersten Jahren nach Einbau höher (National Cooperative Highway Research Program, Transportation Research Board, and National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine, 2009)2 .
Um das Festsetzen von Schmutz im Belag zu verhindern/hinauszuzögern, sollten die Reinigungsmassnahmen gemäss bisherigen Erfahrungen möglichst früh nach Einbau durchgeführt werden. Zudem hat sich gezeigt, dass sich eine regelmässige (z. B. vierteljährliche) Reinigung auszahlt.
Die Reinigungen werden mit speziellen Flächenreinigungsmaschinen durchgeführt, welche über eine Hecksauganlage verfügen. Das auf die Strasse aufgebrachte Wasser kann so wieder abgesogen werden. Nur so kann der in der oberen Schicht des Belags aufgeweichte Schmutz effektiv entfernt werden. Grundsätzlich stehen zwei verschiedene Reinigungsverfahren zur Verfügung: Frontwaschbalken mit Hecksauganlage und Rotocleaner/Rotoplast.
Diverse Kantone wenden Reinigungsmassnahmen im Rahmen von Testprojekten oder bereits flächendeckend an.
Suivi nettoyage phono-absorbants - résultats campagne 2022 (PDF, 16 MB)
Erfahre mehr über die Reinigungsmaschinen
Frontwaschbalken mit Hecksauganlage: Mittels Frontwaschbalken wird vor dem Reinigungsfahrzeug mit geringem Druck Wasser auf die Strassenoberfläche gesprüht. Ziel ist es, die Verschmutzung auf und im Belag aufzuweichen, damit in einem zweiten Durchgang das Wasser mitsamt dem Schmutz aufgesogen werden kann. Idealerweise wird die Reinigung nach einer Regenperiode durchgeführt. In dem Fall kann auch auf das Wässern verzichtet werden. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass ein gut durchnässter Belag und ein hohe Saugleistung gute Resultate bringen.
Rotocleaner/Rotoplast: Auch bei diesem Verfahren muss der Schmutz durch Benetzen der Strassenoberfläche oder Niederschlag aufgeweicht werden. Um festgesetzten Schmutz noch besser entfernen zu können wird unmittelbar vor der Hecksauganlage der Belag auf einer Breite von ca. 2.5 m mit Hochdruck gereinigt. Im Rotocleaner befinden sich normalerweise acht Rotoren mit je zwei Düsen. Erfahrungen haben gezeigt, dass dabei nicht höher als 250 bar eingestellt werden sollte, da dann die Gefahr von Kornausbrüchen steigt.
Flächenreinigungsmaschine im Einsatz. Frontwaschbalken (oben) und Hecksauganlage mit (unten links) und ohne (unten rechts) Rotocleaner.
Besonders in ländlichen Gebieten kann der Schmutzeintrag und somit die akustische Wirkung durch die Landwirtschaft massiv beeinflusst werden. Ebenso kann bei direkt an einen SDA-Belag angrenzenden Baustellen ein erhöhter Schmutzeintrag oft nicht vermieden werden. In beiden Fällen kommt es zu einem raschen Verstopfen der Oberflächenporen und somit zum Verlust der akustischen Wirksamkeit.
Grinding (Mikrofräsen)
Das Grinding – also das kontrollierte Abschleifen der Belagsoberfläche – hat sich in den letzten Jahren als wirksame Massnahme zur akustischen Regenerierung von lärmarmen Semi-Dichten Asphalten (SDA) etabliert. Analysen von 17 Schweizer Teststrecken zeigen, dass sich durch Schleifmassnahmen auf SDA 4- und SDA 8-Belägen deutliche Verbesserungen der akustischen Belagsgüte erzielen lassen.
- SDA 4-Beläge: initiale Verbesserung um rund –2 bis –3 dB(A)
- SDA 8-Beläge: durchschnittliche Verbesserung um –3 dB(A)
- Auch bei dichten Belägen (AC 11, ACMR 11, MA 11) wurden Verbesserungen von rund –2 dB(A) festgestellt
Damit kann Grinding nicht nur bei lärmarmen, sondern auch bei dichteren Belägen zur Lärmminderung beitragen.
Dauerhaftigkeit der Wirkung
Die bisherigen Monitoringdaten (bis zu 4 Jahre) zeigen eine nachhaltige Wirkung der Schleifmassnahme:
|
Belagstyp |
Initiale Wirkung |
Dauerhaftigkeit (vs. Ausgangszustand) |
Dauerhaftigkeit (vs. Referenzabschnitt) |
|
SDA 4 |
–2.5 ± 1.0 dB(A) |
2–4 Jahre |
> 4 Jahre |
|
SDA 8 |
–3.1 ± 0.3 dB(A) |
2–4 Jahre |
> 4 Jahre |
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AC/MA 11 |
–1.9 ± 0.6 dB(A) |
~ 4 Jahre |
> 4 Jahre |
Im Mittel wird der akustische Ausgangszustand nach etwa drei Jahren wieder erreicht. Gegenüber ungeschliffenen Vergleichsabschnitten bleibt jedoch ein positiver akustischer Effekt über mindestens vier Jahre bestehen.
Weder das frühzeitige Schleifen (z. B. in Farvagny, FR) noch wiederholte Anwendungen führten zu negativen Einflüssen auf die mechanische Stabilität oder die Porenstruktur der Beläge.
Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit
Die Effektivität des Grindings hängt stark vom Ausgangszustand des Belags ab:
- Bei intakten, neuen Belägen mit bereits sehr guter Akustik (z. B. –7 dB(A)) ist nur noch eine geringe Verbesserung möglich.
- Bei verstopften oder gealterten SDA-Belägen kann Grinding durch Texturoptimierung und gegebenenfalls das Freilegen von Poren deutliche Verbesserungen erzielen.
Schleiftiefe:
- Eine erhöhte Schleiftiefe erhöht die Chance, Poren wieder zu öffnen („Schmutzsperrschicht durchbrechen“).
- Gute Ergebnisse wurden aber auch bei geringen Schleiftiefen (1–2 mm) erzielt – etwa in La Verrerie (1 mm) und Tafers (1.8 mm) mit je rund 3 dB(A) Verbesserung.
- In anderen Fällen (z. B. Zofingen) funktionierten geringe Schleiftiefen weniger gut – hier spielte die Werkzeugwahl eine entscheidende Rolle.
Belagstypen:
- Bei dichten Belägen bringt eine grössere Schleiftiefe keinen Zusatznutzen, da keine Porenräume freigelegt werden können.
- Bei porösen SDA 4-Belägen kann dagegen durch gezieltes, etwas tieferes Schleifen die akustische Wirkung deutlich verbessert werden.
Wirkungsmechanismen
Grinding beeinflusst zwei zentrale Eigenschaften des Belags 1 :
- Texturoptimierung:
- Durch das Schleifen werden Unebenheiten und Kornausbrüche ausgeglichen.
- Es entsteht eine homogenere, feinkörnigere Makro- und Mikrotextur, die das Abrollgeräusch reduziert.
- Dieser Effekt tritt bereits bei geringen Schleiftiefen auf und ist für alle Belagstypen relevant.
- Porenfreilegung:
- Bei porösen Belägen kann das Schleifen die verschlossene Porenstruktur wieder öffnen.
- Dies führt zu besseren akustischen Eigenschaften, insbesondere im mittel- bis hochfrequenten Bereich.
- Die verbesserten Luftporenverhältnisse zeigen sich auch in Permeabilitäts- und Lufttopfmessungen.
Empfehlungen für die Praxis
- Grundsatz: Grinding eignet sich als wirkungsvolle Unterhaltsmassnahme für praktisch alle Belagstypen.
- Regenerationsdauer:
- Bei SDA 4- und SDA 8-Belägen beträgt die durchschnittliche akustische Regenerationsdauer rund 3 Jahre,
der positive Effekt bleibt jedoch über 4 Jahre messbar. - Bei dichten Belägen (11er) kann die Wirkung 4 Jahre und länger anhalten.
- Zieldefinition vor der Massnahme:
- Soll die Textur optimiert oder die Porenstruktur wieder freigelegt werden?
- Bei 4er-Belägen kann eine grössere Schleiftiefe sinnvoll sein, um Poren zu öffnen.
- Bei 8er- und 11er-Belägen sind Schleiftiefen > 3 mm nicht zweckmässig.
- Werkzeugwahl: Passende Schleifwerkzeuge sind entscheidend für den akustischen Erfolg.
Grinding ist eine effiziente, kostengünstige und nachhaltige Methode, um die akustische Leistungsfähigkeit von Semi-Dichten Asphalten zu erhalten oder zu regenerieren. Bei richtiger Planung – insbesondere unter Berücksichtigung der Belagsart, Schleiftiefe und Zielsetzung – kann die akustische Lebensdauer eines SDA-Belags um mindestens drei Jahre verlängert werden, ohne die strukturelle Integrität zu beeinträchtigen.
Um die optimale Abtragtiefe der Mikrofräsung besser abschätzen zu können, ist es auch hier von Vorteil die Verschmutzungstiefe zu kennen. Die AVCA-Methodik eignet sich auch für diese Anwendung.
Die Dauerhaftigkeit dieser Wirkung ist derzeit Gegenstand laufender Forschungsarbeiten; erste belastbare Ergebnisse zur Langzeitwirkung werden in den kommenden Jahren erwartet. Der aktuelle Stand der Forschung ist hier beschrieben --> Schleifen von lärmarmen Belägen in der Schweiz - Erkenntnisse aus Monitoring bis 2023 (PDF, 34 MB, 15.04.2024) Im Auftrag des BAFU
Entscheid Reinigung oder Grinding
Für einen effektiven akustischen Unterhalt ist das Wissen über die Eindringtiefe und die genaue Lokalisation der Schmutzpartikel sowie der Zustand der Oberflächenstruktur essenziell. Hierfür steht die AVCA-Methodik zur Verfügung.
Die Acoustic Void Content Analysis (AVCA) Methode nutzt einen CT-Scan eines Bohrkerns des SDA-Belags und generiert daraus ein 3D-Modell. Im Modell lässt sich anschliessend der Schmutz genau lokalisieren und seine Auswirkungen auf die wirksame Porenstruktur und die Akustik können vorhergesagt werden
Querschnittsprofile (CT-Scans, links) und entsprechende AVCA-Auswertung (rechts) zweier Bohrkerne eines Untersuchungsstandortes. Beim ungereinigten Abschnitt sind die Hohlräume in den ersten ca. 20 mm stark verschmutzt (braune Linie), folglich sind die Porenvolumen grösstenteils verschlossen. Beim gereinigten Abschnitt ist der Verschmutzungsgrad in der obersten Schicht deutlich tiefer und die vorhandenen Hohlräume sind mehrheitlich miteinander verbunden (grüne Fläche). (Quelle: Grolimund + Partner AG)
Chemische Reinigung
Im Kt. AG wird derzeit der Einsatz von chemischer Reinigung auf einer Teststrecke geprüft.
Belagsverjüngung
Die Bitumenalterung von porösen und semi-dichten Belägen, ist aufgrund der grösseren Oberfläche, die der Oxidation ausgesetzt ist, gravierender (Jing et al., 2019)2 . Dies macht die Beläge besonders anfällig für Kornausbrüche (Zhang et al., 2016)3 . Durch die Verwendung von PmB in der Mischung kann dies teilweise kompensiert werden.
Oberflächenbehandlungen, wie das Aufsprühen von Asphaltverjüngungsmitteln, werden eingesetzt, um die Lebensdauer von dichten Belägen zu verlängern. In den Niederlanden kommen Produkte zur Verlängerung der Lebensdauer eines Belags seit 2010 vor allem präventiv zum Zeitpunkt des ersten Auftretens von Kornausbrüche etwa nach 5 bis 7 Jahren nach Einbau zur Anwendung. Dabei darf aber die Belagsoberfläche noch nicht ernsthaft beschädigt sein. Die Lebensdauer der Deckschichten kann in der Folge um 2 bis 4 Jahre erhöht werden. Es wird pro Deckschicht nur eine einzige Behandlung empfohlen. Bei der Behandlung handelt es sich um kalte Bitumenemulsionen, die Bitumenverjüngungsmittel enthalten oder ein warm aufgetragenes polymermodifizierte Bitumen. Die Produkte werden mit einem Druckgebläse (PA-Beläge) oder mit einem Sprühbalken (Dünnschichtbeläge) aufgetragen, wo sie durch Dellen und Poren 10 bis 20 mm in die Schicht eindringen (Saurer, Bühlmann and Ziegler, 2016)4 .
Wie bei porösen Belägen kann sich die Anwendung des Verjüngungsmittels auf das Bitumen von SDA-Belägen jedoch negativ auswirken, da es die Porenstruktur verschliesst, selbst wenn das Bitumen verjüngt wird.
Die Eindringtiefe und den resultierenden Verjüngungseffekt bei SDA-Belägen wurde bisher nicht geprüft.

