Ökobilanz
In einer Ökobilanz (Life Cycle Assessment, LCA) werden die einzelnen Prozesse eines Produktsystems im Hinblick auf ihre Umweltwirkungen detailliert analysiert. Dabei werden alle relevanten Ressourcenverbräuche und Emissionen über den gesamten Lebenszyklus hinweg – inklusive aller Vorstufen – systematisch erfasst und bilanziert. Das Vorgehen der Ökobilanzierung ist in der Norm ISO 14040 (2014) festgelegt.
Ökobilanzen im Kontext Schweizer Strassenbeläge
Im Bereich Schweizer Strassenbeläge, insbesondere von SDA-Belägen, existieren bereits mehrere Studien:
-
PLANET EP2 (Liechti et al., 2016)1 analysierte verschiedene Asphalttypen mittels detaillierter Prozessmodelle und spezifischer Schadstoffmessungen in zahlreichen Wirkungskategorien.
-
Kytzia und Pohl (2021)2 untersuchten den Einfluss der Verarbeitungstemperatur und des Rezyklatanteils – bewertet in UBP.
-
Lenk (2023)3 verglich Gussasphalt mit SDA-8 Walzasphalt im Strassenbau.
-
Piao, Bueno et al. (2022)4 analysierten die Umweltauswirkungen von rezykliertem Gummi aus Altreifen im SDA-Belag – unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf andere Materialflüsse.
Diese Studien umfassten jeweils den gesamten Lebenszyklus konventioneller Beläge, jedoch ohne die Nutzungsphase der Strasse. Der Fokus lag auf Bau, Unterhalt und Rückbau.
Erweiterte Betrachtung inkl. Lärm- und Nutzungseffekte
Erstmals wurde in der Arbeit von Piao, Heutschi et al. (2022b)5 die Nutzungsphase berücksichtigt – mit besonderem Augenmerk auf die Lärmwirkung. Hier wurden SDA-Beläge mit SMA-Belägen verglichen und die Lärmwirkung anhand von DALY (Disability Adjusted Life Years) bewertet – also verlorene Lebensjahre durch Tod oder gesundheitliche Einschränkungen.
Die Ergebnisse zeigen:
-
SDA-Beläge verursachen zwar 70 % mehr Treibhausgasemissionen in Bau, Unterhalt und Rückbau,
-
reduzieren jedoch die Lärmbelastung deutlich – was zu 40 % weniger DALY führt.
Ein klarer Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Gesundheitsschutz.
BAFU-Studie zu Umwelt- und Nutzungseffekten 6
Lärmarme Strassenbeläge – Ökobilanz und Lebenszykluskosten
Eine umfassendere Betrachtung erfolgte durch Schindler et al. (2024) im Auftrag des BAFU. In dieser Studie wurden SDA 4 und SDA 8 Beläge mit ACMR 8 und AC 8 Belägen verglichen. Im Fokus stand hier die Nutzungsphase, die zusätzlich zu Lärm auch Mikroplastik-Abrieb und Treibstoffverbrauch (basierend auf Rollwiderstand) berücksichtigte.
Ergebnisse:
-
SDA 4 Beläge wiesen durch ihre feine Oberflächentextur einen bis zu 20 % geringeren Rollwiderstand auf (Schlatter, Bühlmann und Schindler, 2021)7 .
-
Dadurch konnten die Nutzungsemissionen deutlich gesenkt werden.
-
In der Gesamtbewertung anhand von UBP verursachte der SDA 4 Belag die geringste Umweltbelastung.
-
Im Vergleich zum Referenzbelag ACMR 8 zeigte sich:
-
SDA 4: -4 % Umweltbelastung
-
SDA 8: -1 %
-
AC 8 H LA: nahezu identisch (-0,1 %)
-
Ausschlaggebend für das gute Abschneiden des SDA 4 Belags war vor allem seine lärmmindernde Wirkung, die die höheren ökologischen Auswirkungen von Bau- und Rückbau überkompensierte.
Zur Validierung wurden verschiedene Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Die Kernaussagen blieben stabil bei Annahmen wie:
-
längere Lebensdauer konventioneller Beläge,
-
akustischer Unterhalt auf den lärmarmen Belagstypen,
-
höherer Rezyklatanteil im Mischgut,
-
zunehmender Anteil an Elektrofahrzeugen.
Ein besonders vielversprechender Hebel ist jedoch die Optimierung des Rollwiderstands – hier besteht ein noch grösseres ökologisches und volkswirtschaftliches Potenzial.